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14.6.03


Im übrigen war mir der Mangel an Sprunghaftigkeit ein Trost.


Nachruf auf einen Monolog
Was ist ein Weblog? Ein medialer Reflektor, der seinem Autor mit jeder Spiegelung der Medienrealität das Gefühl aktiver Teilhabe verschafft? Dieser Verdacht wird mit jedem weiteren Tag Bloglektüre deshalb so übermächtig, weil die meisten Blogautoren nicht nur die Themen, sondern auch eine grundsätzliche sprachliche Konvention dessen spiegeln, was als Weltereignis durch ihre Journale fließt. Sie schaffen professionelle Bedeutung, in dem sie öffentliche Reden halten. Irak-Krieg oder E-Commerce, Medienpolitik und literarische Übersprunghandlung. Der Ton wird rasch offiziös. Blogs sind keine Tagebücher. Man spricht von Dingen,die wichtig sind. Deshalb ist immer ein bißchen Ansprache in den beiläufigen Kommentaren. Man redet zu einer potentiellen Weltöffentlichkeit, sei es auch im Gewand der Farce oder eines schnittigen Aperçus. So ist der Blogleser von privaten autonomen Zonen umzingelt und hört doch immer so ein nervöses mediales Summen aus jedem dritten Satz. Bloger sind ehrgeizig. Sie haben sich in die Sekundärwelt zurückgezogen, um Leser zu binden. Jeden Tag. Da ist man über jedes Anzeichen des Monologischen froh, weil man dem monologisierenden Autor unterstellt, mit der privaten Verfügungsgewalt ernst zu machen. Wer mit sich selbst redet, kommt vielleicht mit der Wahrheit an den Tag. Die Wahrheit mag das Ironiebewußtsein einer in Slimane gekleideten Wehklage sein oder eine Serie von Illustrationen des Schönen, die dem Alltag als luftspiegelige Trotzreaktion gegenüberstehen. Die Wahrheit steckt nicht in der Flut mühsam verkleideter privater Presseerklärungen oder in Maximen und Aphorismen, die als Gegenstand nur zulassen, was zuverlässig Maximen und Aphorismen erzeugt. In jedem Fall steht es sportlich gesehen für die Verlautbarungsblogs 100:1. Sie sind in der Überzahl. Da ist es ein um so wehmütiger zu beklagender Verlust, daß nun auch noch ein risikobewußtes Privatjournal geschlossen wurde, in dem eine mir unbekannte Stimme ihr Schwanken zwischen Liebe und Enttäuschung zwischen Zurückweisung und Großzügigkeit, Pathologie und Entkommen, Obsession und Geduld in einen täglichen Monolog ausgelagert hatte. Der Monolog mag seine fiktiven Züge haben, die Stimme hatte solche Züge nicht. Die Einträge schwangen sich auf oder stürzten ab. Aber davon handelten sie ja gerade. Ein Dokument der melancholischen Geduld mit sich selbst und der unabläsigg dabei entstehenden und sich in den Weg stellen Sprache. http://stattgeschichten.antville.org/ ist geschlossen worden. Seit heute ist ein Vorhängeschloß vor dem Eingang. Der Monolog soll ins Archiv zu den alten Briefen. Die Monologistin meint, es war an der Zeit. Funktionale Gruppe bedauert den Verlust.
 

13.6.03


"Connie, whose husband has deserted her, consults another man, each time introducing slightly different details."


"A long weekend. $300. You wear a ski mask. You sabotage intimacy. You talk your way back in."


So sah Möllemann den Tod auf sich zurasen








"Kommt Möllemann trotzdem in den Himmel?" (BILD, 13. Juni 2003)


"Ich les so was nicht. Ich guck nur amerikanische Fernsehserien. Du würdest erstaunt sein, was man daraus alles lernen kann."
 

12.6.03


Dialog vor dem EDEKA-Markt. H. trifft ihre Nachbarin.

Sie: "Hallo, ich bin dein Nachbar Jesus."
H.:  "Was? Wer ist Jesus?"
Sie: "Ich bin Jesus, deine Nachbarin."
H.:  "Und?"
Sie: "Jesus fragt dich, wann du endlich ausziehst."
H.:  "Gar nicht."

Beiderseitiges Lachen.
 

11.6.03


"Sie waren kein Reich-Ranicki, kein Carrell und für eine Art Harald Schmidt fehlten Ihnen letztlich die Rasierklingen der Einsamkeit. Was nicht heißen soll, dass Sie bei all Ihrer Oberflächenwärme nicht ein trauriger Mensch sind." (Franz J. Wagner verabschiedet Alfred Biolek)


Trotz Krise. Immer mehr Millionäre!


"Klar war: Man hatte keinen Schimmer, was Arbeit sein könnte, trotzdem konnte man ihretwegen nachts nicht einschlafen. Sie war vor allem: ein Problem. Etwas, das einem zu schaffen machte, um das man sich kümmern musste, weil man ohne sie noch schlechter dran war. Arbeit war so etwas wie eine Verabredung, der man beim ersten Treffen schmeichelt und übertriebene Komplimente macht, obwohl man kein Interesse an ihr hat, weil sie eigentlich hässlich und dick ist. Man muss sich Mühe geben, möchte gefällig sein, putzt sich heraus, strengt sich an und versucht, die Regeln der Eroberung zu kapieren. Wenn man sich für sie schick macht, dann wird sie einen schon nehmen, die dicke Kuh."


"Ich rief die Feuerwehr, die nach einer Stunde kam und mir sagte, dass der Wagen ausgebrannt sei, und dass sie jetzt auch nichts mehr machen könne, und ich antwortete, dass ich mir das schon gedacht hätte." (Juan Moreno in der Süddeutschen Zeitung vom 07.06.2003)
 

10.6.03


"Of course we weren't facing south when we kissed; rather I was facing west and she was facing east. The way it happened was, I turned to her and just started kissing her, without really thinking about it. Well, there was a bit more to it, of course. Because as I was moving in, I definitely looked to see if I had permission to move in further. Did she tilt her head in acceptance? Did she part her lips slightly? Probably she did both, although I don't claim to remember."
 

9.6.03


"Can't Find Your Spouse? Divorce them anyway. Here's how!"


"Marriages of convenience between gay and straight people are rarely fulfilling for either, so as long as you and your spouse are straight, you've at least got a fighting chance to make it work."


"Most spouses are forgiving of an affair if you really eat crow, humble yourself and try to make them feel better about it. If you do tell your spouse, tell them in a gentle and kind way. If you don't, treat them very nicely as penance for your betrayal."


"These books parallel the history of blockbuster exhibitions," says Ed Marquand of Seattle-based Marquand Books, a company that produces books for distributors like Harry N. Abrams and Rizzoli International. 'The two kind of went hand-in-hand, and museums developed the habit of creating large books every time they produced a large exhibition.' [...] 'The event is the populist phenomenon; the catalog is the opposite. It is the most up-to-date comprehensive scholarship on the subject,' says Timothy Potts, director of the Kimbell Art Museum. To deliver a book that is pleasing to the public, catalog publishers must make it beautiful and find academics who can deliver essays in an easy-to-read style, often an oxymoronic hurdle. 'You have to bring the scholarship but wear it lightly,' says Timothy Potts, director of the Kimbell Art Museum." (Gaile Robinson, The bigger pictures)


"Yet the exhibition catalog that accompanied the show is enormous. It weighs in at a back-breaking 800 pages and addresses such details as Leonardo's left-handedness, his relationship with his father, his draperies, and his use of frames and borders in the design process. It is said to be the largest exhibition catalog ever printed. No one at the Met can remember a larger one. Lovely to look at, great for pressing flowers, not necessarily interesting to read. It doesn't seem to matter." (Gaile Robinson, The bigger pictures: Lavish art catalogs are in vogue, Fort Worth Star-Telegram / The Kansas City Star, 4. Juni 2003)
 

8.6.03


Limited edition collector's bottle
"Nach dem vielbeschworenen Tod der Avantgarde definiert sich künstlerische Praxis heute nicht mehr als antithetischer Gegenentwurf zu bestehenden gesellschaftlichen oder sozialen Verhältnissen. Die Vision für eine bessere Zukunft wurde klammheimlich durch ein Bewußtsein für die Gegenwart ersetzt, ganz im Sinne des bereits erwähnten 'just be'." (Der Leipziger Kurator Jan Winkelmann erklärt, warum Sylvie Fleury die Neonleuchtschrift "be good, be bad, just be" an der Fassade der neueröffneten Galerie für Zeitgenössische Kunst anbringen ließ)


"Für die Familie ja nicht. Die knabbern da länger dran." (Leserkommentar zum Tode Jürgen W. Möllemanns)
 





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