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12.4.03




Krieg bringt nicht nur Tod und Bomben. Hier unterhalten sich Soldaten und irakische Jugendliche bei einem Spiel nach dem Vobild amerikanischer Fernseh-Quiz-Shows. Cluster Bombe oder Care-Paket, läßt der Soldat die Menge raten, die ihre Meinung unter lautem Geschrei durch Handaufheben mitteilt.




Auf den ersten Blick Erleichterung, wie eine Befreiung. Eine neue Seite des amerikanischen Präsidialamtes zeigt nicht nur viele schöne Bilder der beschleunigten interkulturellen Völkerverständigung, die Krieg immer auch ist - sie bildet auch den Kriegsgrund ab: Ein kleines Mädchen in einem langärmligen, roten Rollkragen-Shirt steht am Rand einer befestigten Schotterpiste und lädt die Vereinigten Staaten ein, in den Irak einzumarschieren. Öl war nicht der Grund. Dieses Mädchen hat Amerika gerufen - so scheint es. Auf den zweiten Blick enthüllt die Fotografie der US Navy eine höchst ambivalente Botschaft. Was zunächst wie die orthographische Schwäche einer nicht IGLU-geprüften Wüstentochter erscheint, könnte ebenso gut eine Geheimbotschaft terroristischer Führer sein: Ein einziges Apostroph kann "Well come USA" in "We'll come USA" verwandeln. Wie viele irakische Kinder halten schon solche Dual-Use-Schilder bereit, lächelnde Waffen in einem gewonnen geglaubten Krieg?


     
"Natürlich kann man sich nur noch an 'den Krieg' klammern, wenn man zuvor alle Störgeräusche ausgefiltert hat, die bei Betrachtung des Phänomens kollektive Gewalt in politischer, ökonomischer, zeitgeschichtlicher, ideologischer, sozialpsychologischer usw. Perspektive entstehen. Nur lässt sich damit nicht einmal mehr im Ansatz erklären, was - nur als immer nächstliegende Beispiele - 'Despotie, Unsicherheit und Terrorismus' in 'jener Weltregion' mit dem vergangenen Frieden im 'selbstbezogenen Europa' (immer diese feinen Differenzierungen) zu tun haben könnten, oder warum die Bundesregierung jetzt eine andere Position beziehen konnte als letztes Jahr. Das ist missverstandene Anthropologie, deren Weisheiten schon überarbeitungsbedürftig geworden sind, bevor die Paperbacks, in denen sie verkauft werden, das moderne Antiquariat erreichen. Worauf es hinausläuft, ist ein Klaps zur rechten Zeit hat noch niemandem geschadet im Weltmassstab, mit dem sich ausserordentlich verkaufsfördernd das Regressionsbedürfnis einer mulmig werdenden Bürgerlichkeit ansprechen lässt, die ausserdem nichts lieber glaubt, als dass Demokratie und republikanisch-parlamentarisch verfasster Nationalstaat dasselbe wären: UNO kann ja nicht funktionieren, weil da die ungebildeten Kameltreiber genau so viel zu sagen haben wie ich, und ich kann sie nicht mal kündigen oder ausweisen lassen!"

Leserkommentar von MV auf Malorama




Die irakische Bevölkerung mag diese ins Rötliche changierenden Siena-Töne im edlen Blockstreifendesign. Das stählerne Blaugrau der Krawatte, auf der ein doppelter weißer Streifen Mut zur Ausdrucksstärke signalisiert, wird von irakischen Meinungsführern sofort verstanden. Der arabische Mann sieht hier einen westlichen Führer, der seine Entschlossenheit in orientalische Eleganz zu kleiden weiß, dessen feines Materialbewußtsein aber auch den Machtanspruch und die Verantwortung des Patriarchen dokumentiert.


Multiple, 2003



Vom Pentagon ausgegebenes Kartenspiel, präsentiert von Brigadegeneral Vincent Brooks beim Central Command Briefing am 11. April. Der Agenturmeldung zufolge repräsentiert jede Karte "a character the U.S. wanted pursued, killed or captured. Saddam's son Uday, who has a reputation as a playboy, is the Ace of Hearts."
Bezugsquelle: Pentagon
 

10.4.03


"There was no sign of any leaders, anywhere"

"'All of a sudden, all communications ceased and the regime didn't come to work,' was the way one senior administration official described what happened in Baghdad."

Washington Post, 10. April 2003


Handpoliert und unmissverständlich

Attac bringt passend zum Fall Bagdads die ganze Wahrheit in zwei Worten ans Revers, handlackiert und freundschaftsstiftend. Wer jetzt noch Hilfspakete für Basra packt oder Solidaritätsbriefe an die Nordfront schickt, sollte einige Attac-Pins in die Sendung geben. Der Iraki kann so seinen widerstreitenden Gefühlen Ausdruck verleihen, wenn er an den alliierten Hilfsgütertransportern für sein Hilfsgut Schlange steht. "Im Attac-Materialversand findet sich jetzt ein schöner Pin (=Anstecknadel) mit der Aufschrift 'No War'. Er ist zweifarbig, handpoliert und handlackiert. Mit 5 EUR für den Pin unterstützt man nicht nur direkt die Attac-Friedenskasse, sondern kann auch im Alltag ein kleines, aber unmissverständliches Zeichen für den Frieden setzen. Auch als Geschenk oder Mitbringsel sehr geeignet!"
Bezugsquelle: Attac, Telefon (069) 90028110

Außerdem arbeitet 'Attac' letzten Ankündigungen (Mailing Nr. 7/03) zufolge an einer kommentierten Fangalerie ("Online-Bildarchiv"). "Dabei wurde deutlich, dass es noch einige 'attacige' Ereignisse gibt, zu denen uns Bildmaterial fehlt. Insbesondere sind das die Großereignisse in Genua, Göteborg, Luxemburg und Prag." Wer Bilder von solchen attacigen Mega-Events in seinem Reisealbum hat, sollte sich mit Jule Axmann in Verbindung setzen. Sie ist die attacige 'Öffentlichkeitsreferentin' bei 'Attac', der Vincent Brooks im Zentralkommando der Globalisierungskritik.
 

9.4.03


Kollegen, nichts geht ohne Elektro-Kollagen!



Bereits zwei Tage nach dem Fall Bagdads werden Berliner Künstler nicht nur dem ganzen perversen Kriegswahnsinn entschlossen ein Ende bereiten; die Szene entwickelt auch ein gesundes Bewußtsein des zu verteidigenden historischen Standortes: "Künstler im Widerstand".
Im Widerstand zu leben ist nicht ohne Benefit für die Stadt und "bereichert Berlin mit Kultur, Kunst und Nachtleben. Die Aktionen füllen stets Lücken im Angebot, sie fordern die Grenzen des Machbaren heraus und besetzen die Räume der Stadt neu."
So bleibt brandneuer Widerstand jederzeit nachfrageorientiert und operiert resourcenschonend und unkorrumpierbar in vollem Umfang "temporär und auf lowbudget Basis". Ästhetische Splittergruppen rufen deshalb "die Mißstimmung über Kriege und auch deutsche Unterstützung auf die Straße". Das ist Straßenkampf gegen die mlitärische Weltordnung und mündet in eine hochkonsequente Forderung: "Wir fordern von jedem und vorallem von unserer Regierung unverzüglich jede Kriegsunterstützung zu beenden." Klingt eine Note Vaterlandswehmut aus dieser Ankerkennung des Schröderkabinetts als einer väterlichen Instanz? Unsere Regierung? Was heißt Regierung? Was heißt Widerstand, wo enden die Straßen? "Straße: das heißt Lautsprecherwagen mit Elektro-Samples-Kollagen und Redebeiträgen!!!"


"The desert is a great place for baptism! According to the Washington Post, the canvas chapels in Kuwait are busy with services and salvation. Alongside professions of faith are those requesting baptism. Chaplains are digging holes, placing tarps in them and filling their makeshift baptismals with water. As soldiers are baptized, others sing hymns of praise. This is reminiscent of the first time American troops were in the Gulf!
The desert is also a great place for spirituality! The desert is a metaphor for our pilgrimage between this world and the afterlife, between the symbolic oppression of spiritual Egypt and the milk and honey of Heaven. It's a place of serpents, scorpions, and thistles. It's also a place where prophets are found. When wandering in the desert, as Israel did, we encounter the possibility of God's presence manifest through a pillar of fire by night and a cloud by day."
Chaplain Mark Johnston, AFN Broadcast Ministry


Affordable, Accurate, Reliable, All-weather
"Nach Angaben der US-Luftwaffe schlugen die Bomben nur zwölf Minuten nach dem Angriffsbefehl in das Restaurant ein. Offenbar sollte sichergestellt werden, dass nichts und niemand überlebte. Zwei 900 Kilogramm schwere Bomben des Typs GBU-31 bohrten sich metertief in die Erde, ehe sie explodierten. Sekunden später detonierten zwei weitere Bomben gleicher Größe unmittelbar nach ihrem Aufschlag. Wo zuvor das Restaurant stand, klaffte nach dem Angriff ein 18 Meter tiefer rauchender Krater." (Spiegel Online)
ST. LOUIS, Sept. 13, 2002 – Boeing [NYSE:BA] has been awarded a $378 million contract for an additional 18,840 Joint Direct Attack Munition, or JDAM, kits by the JDAM Joint Program Office. Boeing is expanding its production facility in St. Charles, Mo., to accommodate an increase in the number of kits built in production each month. The new contract will require Boeing to deliver kits to both the U.S. Air Force and U.S. Navy at a production rate of 2,800 kits per month by August 2003. The expanded facility will improve the process flow and allow for the higher rates. The new contract is for a mix of GBU-31 (2,000 lb. warhead) kits and GBU-32 (1,000 lb. warhead) kits for both the U.S. Air Force and U.S. Navy to be delivered between October 2002 and March 2004.
 

7.4.03


     
"[...] Die Live-Bilder aus Bagdad, Totalen, die das Ausmass der Bombardements nicht ermessen lassen und auch die langen Einstellungen von Truppenbewegungen irgendwo lassen sich mit den Bildern aus Überwachungskameras in einem Bürohaus oder Krankenhaus vergleichen. Sie zeigen nicht alles und es ist ihnen nicht abzulesen, ob einer die Bücher fälscht oder die Narkose verpatzt. Aber dass es die Kameras und die Bilder gibt, das steht für eine gewisse Ordnung und soll für Rechtlichkeit gelten. Wir sind als Zuschauer in die Rolle des Sicherheitspersonals versetzt, vor dem diese Bilder ablaufen. [...]

Aus dem Kriegstagebuch von Harun Farocki, Eintrag vom 5.4.2003
 

6.4.03


Das wahre Gesicht der Streitkräfte


"Alle bisherigen Erfahrungen aus dem Sanitätsdienst zeigen, dass sich Frauen sehr bewusst für den militärischen Beruf entscheiden. Als Soldatinnen beeinflussen sie das Betriebsklima in den Truppenteilen und Dienststellen insgesamt positiv und fördern auch die gesellschaftliche Akzeptanz und die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft. Die mit den militärischen Dienst verbundenen Anforderungen erfüllen sie im Allgemeinen hoch motiviert, zielstrebig und zuverlässig."
(Frauen in der Bundeswehr: Zahlen - Daten - Fakten, Bild: Bundeswehr)



Military/BG_Dsc00359.jpg


"Vorsicht und Aufmerksamkeit beim Tragen von Uniformen walten lassen"

     
"Dem gegenüber gilt für Soldaten: Uniformen dürfen nur im Dienst getragen werden. Der Kampfanzug flecktarn darf nur noch auf DIREKTEM Weg vom Dienst zur Wohnung getragen werden. Rechtsvorschriften sind u.a. das Soldatengesetz, die Wehrdisziplinarordnung und das Wehrstrafgesetz. Ergänzend sei auf den Abschnitt "Verhalten außer Dienst und in der Öffentlichkeit" im Reibert hingewiesen. Insbesondere dürfen Soldaten (und Reservisten!) Uniformteile nicht mit zivilen Bekleidungsstücken kombinieren, weil das schliesslich dem Ansehen der Bundeswehr schadet.

Was würden diese Rechtsvorschriften bewirken, falls sie konsequent umgesetzt würden?

Wir müssten damit rechnen, dass alle Uniformgruppen landauf, landab Ziel von Ermittlungen würden.
Wir könnten uns nicht mehr in Kneipen treffen, da diese wahrscheinlich trotz Klingeln an den Eingangstüren als öffentlicher Raum gelten. Uns blieben nur noch Privatwohnungen.
Outdoor-Treffen würden unmöglich.
Die Betroffenen würden nach den jeweils für sie geltenden Regeln bestraft.
Das würde das Ende aller unserer Uniformgruppen bedeuten.

Was sollten wir deshalb tun?

1. Allzu offensives Auftreten in der Öffentlichkeit vermeiden, um nicht unnötig die Aufmerksamkeit auf uns als Einzelne und unsere Gruppen lenken.
2. Auf Verwendungs-, Tätigkeits- und Rangabzeichen verzichten, denn dieses könnte den Fall schwerwiegender machen.
3. Uns in Uniform so zu verhalten, wie wir es auch als rechtschaffene Zivilisten tun.
4. Vorsicht und Aufmerksamkeit beim Tragen von Uniformen walten lassen.

Dazu wollen wir hiermit aufrufen. Übrigens fallen Uniformen beim 'Theater' und auf 'Maskeraden' laut Rechtsprechung und Kommentaren nicht unter den Paragrafen. Es ist anzunehmen, dass CSD und Indoor-Treffen als 'Theater' und 'Maskeraden' interpretiert würden.

Für die angegebenen Tipps übernehmen die Berliner Truppe und die Autoren keinerlei Haftung."

Aufruf zur Ordnung im Rahmen eines Konflikts um das Monopol auf Uniformgenuß, ausgetragen zwischen deutschen Uniformfetischisten und den deutschen Streitkräften (veröffentlicht von der "Berliner Truppe").



Bezugsquelle: Berliner Lederwerkstatt Holger Neuber,
Telefon 442 77 86


     
"Also vorgestern, während ich das Textverarbeitungsprogramm resolut sämtliche Vorkommnisse des Wörtchens 'wohl' aus der entstehenden Buchbesprechung entfernen ließ und mich dann an die verbliebenen 'man wird'-Konstruktionstorsi machte, da wollte das gar nicht mehr aufhören. Viele Sirenen, immer wieder, Geheul.
Da der Schreibtisch etwa zwei Blocks von der US-amerikanischen Botschaft residiert, kamen Gedanken in Richtung möglicher Gefährdung auf, hatten aber der Empirie gegenüber keine Chance: Man weiß hier einfach, dass Polizeigeheul Demonstration bedeutet und dass die Gefährdung im Rahmen der berechenbaren Konstellation Flaschenwurf vs. Wasserwerfer bleibt. Der Gedanke, Polizeigeheul könne Attacken mit geruchfreiem Giftgas oder explosiven Substanzen von finstren Mächten bedeuten, nein, der kommt durch diese Kondizionierung nicht durch. Insofern sollten aufrechte und gelassene Demokraten der Stadtregierung dankbar sein, weil sie unablässig betont, dass Sicherheitsgeheul bei Nutzung demokratischer Grundrechte eintritt. (Abt. Sichtbarmachung demokratischer Grundrechtnutzung, Unterabteilung Akustik.) Danke, Stadtregierung.
Gestern dann stand der Laptop auf einem Schreibtisch im Keller, in der Bibliothek. Dort gab es keine Kaffeeflecken und er grinste nicht. Fein. Plötzlich erbgutveränderndes Sirenengeheul im Gebäude selbst. Alarm? Probealarm? Niemand im Gang. Wieder zurück, Laptop retten? Tief einatmen wg. Kraftschöpfen für Sprint nach draußen durch Flammenmauern oder flach atmen wg. Begrenzung eingeatmeter Giftgasmengen? Ist denn hier niemand? Kollege A kommt entgegen und sagt: raus. Ich laufe zurück in den Keller, wo ich noch Kollegin B wähne, die auf Rettung wartet. Vor dem Aufzug steht ein Herr in Arbeitsanzug und öffnet einen Kasten. Er sieht mich an und murmelt: 'Probealarm'. Tief durchatmen wg. Erleichterung."

Camp Catatonia, Category Catatonia City, 04/04/03/09:49:13




Verlassener Friseurladen, Najaf, Iraq.
(Bild: United States Central Command, "Battle
Over the Euphrates", 30. März 2003)


Kein Einlaß nach dem Klingelzeichen, 1 Stunde Umbaupause

April 4, 2003
Release Number: 03-04-50
FOR IMMEDIATE RELEASE
MEMO FOR CORRESPONDENTS -- BRIEFING SCHEDULE FOR SATURDAY
Tomorrow at 3 p.m. Qatar time (7 a.m. EST), U.S. Central Command will hold an operations update briefing at the Coalition Media Center, Camp As Sayliyah. Shuttle buses will be made available to members of the press throughout the day.
Please refer to the following schedule to ensure entrance to the briefing in a timely manner. Late arrivals will not be permitted to enter the briefing room following the final access time.
Tomorrow’s briefer will be: TBD
DATE: Saturday, April 5, 2003
SETUP TIME (Briefing room closed for setup): 12:30 – 1:30 PM
PRESET TIME: 1:30 – 2:30 PM
FINAL ACCESS: 2:50 PM
BRIEFING: 3:00 PM
LOCATION: Coalition Media Center, Camp As Sayliyah
CONTACT: CENTCOM Forward news desk, 460-8440


Organigramm.htm

Fakten über die mit gegenwärtig 70 Nationen größte jemals gebildete militärische Koalition erfährt man beim United States Central Command, das auch den deutschen Beitrag zur Operation "Enduring Freedom" abbildet. Die Tabelle zeigt die Telefonnummern, unter denen sich der elfköpfige von Brigadegeneral Hans-Lothar Domröse geleitete Verbindungsstab (GE Liaison TM HQ US CENTCOM) in Florida für Rückfragen erreichen läßt.
 





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