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29.3.03


WASHINGTON, March 29, 2003 --- The Defense Department said today it has changed the status of Marine Sgt. Bradley S. Korthaus from Duty Status Whereabouts Unknown (DUSTWUN) to killed in action. Sgt. Korthaus was declared DUSTWUN in the vicinity of the Saddam Canal on March 24.





Ich habe nur Pech. Es fehlt mir an glücklicher Übereinstimmung meiner Vorurteile mit den Menschen, denen ich begegne. Das ist die Kehrseite der stillen Harmonie, mit der C. und ich eine stille Anschauung von den Charakteren der Zimmerpflanzen teilten. Nun ist überall unerwartet viel Welt und die Menschen werden mit der Bekanntgabe ihrer Meinungen zu Nervensägen. Evelyn etwa deutet ihr Wissen um die wahren Urheber des Attentats vom 11. September wie eine Überzeugung an, die man vor der blind gebliebenen Mehrheit nicht aussprechen will. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich wohl schon die Generalität ordentlicher Nationen als technokratisches Gewerbe in Schutz genommen, dessen Angehörige den Therapeuten konsultieren würden, sollten sie am Grund ihres Herzens Spuren von Infamie oder Blutdurst bemerken. Mein besseres Ich als Mitorganisator einer verschwörerischen Mailingliste zur Bildpolitik seit dem 11. September hatte Evelyn weit mehr für mich eingenommen als meine joviale Geduld mit dem Central Command. Ein Vorleben als pazifistisch geläuterter Maschinengewehrschütze ging noch als paulinische Wandlung durch, aber warum sollten Generäle keine perfide Kaste menschenverachtender Aliens sein? Liebt Tommy Franks seine Soldaten etwa, wenn er ihnen seine Fürsorge emphatisch väterlich entgegenruft? Liebt Evelyn sie mehr? Die zerstreute Aufmerksamkeit der Generale für Zivilisten entspricht den zusammenfassenden Gefühlen Evelyns für das Fachpersonal der militärisch-industriellen Welt. Sie meint, die CIA habe das World Trade Center ausradiert, weil das Ergebnis der CIA oder Amerika oder Rumsfeld so auffällig nützt. Ein Aufruf im Internet und eine bestimmte nationale Schicht ihres Unbewußten, werden sie eines Tages zu einem Boykott gegen amerikanisches Kaugummi verleiten. Am Ende macht der Verschwörungsglaube es leichter, die eigene Passivität für eine Welterkenntnis zu halten. Man arbeitet geduldig für die Filmindustrie und sieht draußen als schattenhafte Gespenster Agenten am Werk, die eine gerechte Einrichtung der Welt durch private Ränke verhindern. Man selbst will es ja privat anders. Doch die Familie der schaudernden Weltversteher und die Familie der bösen Weltausbeuter stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der Club der Bösen hat dabei die Macht, und gegen Amerika ist kein Kraut gewachsen. So erleichtert das Studium klandestiner Quellen im Internet die Identifikation mit einem Netzwerk der Besseren, ohne ein einziges Mal politisch tätig geworden zu sein.
 

27.3.03


Eine weitere Niederlage ist mein passives Erliegen gegenüber einer Verschwörung bitterer Zufälle. Mehr als zwei Wochen habe ich nach einer Grippe keinen Kaffee getrunken und mich mit Gesundheitsposen zärtlich kasteit und umhegt. Wurde schon meine mir wieder in den Sinn gekommene Liebe enttäuscht, dachte ich mir, könnte es gut sein, zwei Wochen keinen Kaffee zu trinken. Als ich heute die erste Tasse trinke, schmeckt sie wie verrußt, als hätte man in den herrschenden Zeiten unsicherer Belagerungen aus irakischem Getriebeöl brennenden Nescafé destilliert. Es ist kein Verlaß auf die Dinge, und C. hatte sinngemäß auch gesagt, die Selektivität meiner Betrachtungen führe ins Belieben und nun ist im Kaffee keine Liebe mehr. C.s Kaffee hat nie geschmeckt. Man muß ehrlich sein.


Nachdem mir aufgefallen ist, daß nicht nur die Häufigkeit, sondern auch der öffentliche Charakter meiner Selbstgespräche ständig zunimmt, habe ich dieses Journal als therapeutische Plattform für Bedürftige begründet. Oft gehe ich inzwischen durch die Straßen und lispele mit mir selbst. Natürlich dient das nur der Abfuhr eines leicht den Normalwert überschreitenden Innendrucks. Ich verarbeite so Schreckenserlebnisse aus Kindertagen, etwa als ich mit fünf lautstark den halbwüchsigen Sohn der Nachbarn beleidigte und man mich meine Schande lehrte als sei ich für die Zukunft wieder in Windeln zu kleiden, und atme also täglich wortreich öffentlich gegen die Fesselung meiner Emotionen an, um beispielsweise überhaupt eine Sekunde gegen meine irgendwann beendeten Beziehungen zu bestehen. Man muß also einmal am Anfang feststellen, daß an allem C. schuld ist. Darüberhinaus hat diese Journal keine andere Funktion als Hoffnungszeichen der Isolierten zu sein. Ich werde den Krieg auf keinen Fall erwähnen.
 

26.3.03


Der Freie Mitarbeiter führt die obige Tätigkeit selbständig, eigenverantwortlich und weisungsfrei durch. Der Freie Mitarbeiter ist daher in der Bestimmung seiner Arbeitszeit frei.

(Aus dem Dienstvertrag mit einer Berliner Kulturinstitution)
 





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